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Mein Hoodie: Was tun, wenn der Lieblingskapuzenpulli rattig wird?
von Dominik Bärlocher
Die Wissenschaft war wohl so damit beschäftigt, sich zu fragen, ob sie kann, dass sie die vergessen hat zu fragen, ob sie soll. Wir haben das Proteinbier aus dem Hause Joybräu getestet.
Eigentlich hätte ich es wissen müssen.
Joybräu verspricht viel. Es sei endlich ein Bier für Sportler. Ich bin Sportler. Und ich mag Bier. Hat die Welt ausnahmsweise tatsächlich mal etwas für mich erfunden? Mich, den Typen, der weder mit Mode etwas anfangen kann noch kochen kann.
Aber als Gewichtheber ist das Leben halt so: Du isst irgendwas, Essen ist mehr Treibstoff als Genuss und für jedes Bier muss ich mich irgendwie, wenn auch nur vor mir selbst, rechtfertigen. Zugegeben, ab dem dritten Bier hat es sich dann mit der Rechtfertigung, aber du verstehst. Joybräu macht damit Schluss. Für alle Sportler, nicht nur für mich.
Darum habe ich mich gefreut. Aber eben: Eigentlich hätte ich es wissen müssen.
An den Treibstoff, den ich meinem Körper zuführe, habe ich kaum Ansprüche. Er muss – besonders wenn Wettkampf- oder Cut-Saison ist – mehr oder weniger gewisse Kriterien erfüllen. Dann ess ich das und gut ist.
Da spielt das glücklicherweise fenchellose Joybräu rein. Das als «Proteinbier» vermarketete Gesöff brüstet sich damit, so ziemlich alles in einer Braunglasflasche zu verpacken, das du als Sportler vor, während und nach dem Training brauchst.
Dazu die Warnung, dass du nicht mehr als drei dieser Flaschen pro Tag trinken solltest. Alleine schon dem Preis wegen, denn mit plusminus fünf Stutz pro Flasche ist das Gebräu aus Deutschland nicht gerade günstig.
Mit drei Flaschen und einem Flyer mit einem Cartoon-Gorilla drauf mache ich mich auf in Richtung Food-Redaktor Simon Balissats Pult. Eine für ihn, eine für mich und eine für Videoproduzentin Stephanie Tresch. Ein Genuss-Experte, ein Gewichtheber und eine Boxerin.
Vor der Migros und an der Limmat machen wir mit einem Feuerzeug die Flaschen auf. Wer hat schon einen Flaschenöffner parat?
Der erste Schluck ist ganz okay. Etwas flach im Geschmack. Wo ist das Aroma von Bier? Die Süsse ist da, aber das Bittere eines Biers – so das, was ein Bier gut macht – fehlt. Noch? Noch ein Schluck.
«Kennst du Bilz? Das schmeckt in etwa gleich, einfach, dass Bilz mehr Zitronenaroma hat», sagt Simon.
Aber statt Zitronenaroma macht sich eine künstliche Süsse breit. Ich weiss, warum die da ist: Die BCAA. Denn das Zeug schmeckt auch unter den besten Umständen räudig. In den Sportlergetränken der Marke Nocco schmecken sie sogar recht gut. Sonst sind BCAA-Präparate in der Regel bitter und hinterlassen das Gefühl, dass du einen Film auf deiner Zunge hast. Pfui Teufel.
«Das ist doch kein Bier», sagt Stephanie.
Der hopfige Geschmack ist komplett absent, der Alkohol auch. Das ist ein Problem. Als Sportler ist die Alkoholfreiheit super, aber als Bier-Fan nicht wirklich. Wieso haben die von Joybräu das gemacht?
Und wer war bekloppt genug, denen auch noch Preise für ihr semi-beschissenes Gesöff zu verleihen? Oder Aufmerksamkeit in den Medien? Antwort: Die Fitnessmesse Fibo, der Business Insider, das Magazin Fit For Fun, das dem Proteinbier sogar 4.5 von 5 Sternen verliehen hat und der deutsche Strongman Tim «Tetzel» Schmidt.
Als Erfrischung im Sommer ist es sicherlich geeignet. Echte Bierfans werden aber enttäuscht sein, denn mit einem herben Weizen hat das Proteinbier nur wenig gemeinsam.
Wir sind uns einig: Joybräu ist ein Schlag ins Wasser, aber die Idee ist gut. Vielleicht wird's ja mit Joybräu 2.0 etwas. Aber die erste Version mit dem mehr oder weniger grässlichen Cartoon-Gorilla ist definitiv mehr grässlich als weniger.
Ich bleibe beim echten Bier, auch wenn ich mich die ersten zwei Runden hindurch rechtfertigen muss.
Zudem, wo wir's grade von Bier haben: Schüga, ihr Wichser! Prost.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.