
Hockeyprofi vs. Patrick 5:0

Was macht eigentlich ein Wintersportler im Sommer? Ganz einfach: Er schwitzt im Kraftraum. Und das nicht zu knapp. Ich bin in Davos beim HCD und mache Sport mit Andres Ambühl.
Das Warten hat ein Ende. Die neue Hockey-Saison startet. Endlich, ist man geneigt zu sagen. Nach der WM in Russland und dem ganzen Theater um Frisuren, Schwalben und Adler habe ich vom Fussball die Schnauze vorerst gestrichen voll. Zeit für echte Kerle und richtigen Sport. Zeit für das Wesentliche. Zeit für Hockey.
Kultfigur beim Kultverein
Als ich noch ein kleiner Junge war, nahm mich mein Vater immer mal wieder zum Spengler Cup mit. Ich erinnere mich an Spiele gegen US-College-Teams aus Minnesota und North Dakota oder gegen Dukla Jihlava aus der ehemaligen Tschechoslowakei. Hätten wir in Bern Eishockey geschaut, wäre ich heute vermutlich Fan des SCB. So unterstütze ich nun halt mehr zufällig den HC Davos.
Und dann das: Patrick macht Sport mit Andres Ambühl. Die Nummer 10 der Davoser ist mittlerweile 35-jährig und geniesst Kultstatus im Landwassertal. Und bei mir. Für die Nationalmannschaft hat Ambühl zwischen 2004 und 2017 ohne Unterbruch 14 Mal an einer A-WM teilgenommen. Ausserdem spielte er in dieser Zeit an drei Olympischen Turnieren.
«Konnte nicht zuschauen»
Für die diesjährige Weltmeisterschaft muss Andres Ambühl jedoch passen. Sehnenriss im Fuss. Die Kollegen holen in Dänemark die Silbermedaille. «Hast du die Spiele am TV mitverfolgt?», will ich von ihm wissen. Andres verzieht das Gesicht und sagt nur: «Konnte nicht schauen, war zu nervös.» Nächstes Jahr will er dann wieder WM-Spiele mit der Schweiz bestreiten.
Dazu braucht es zuerst aber gute Leistungen im Club. Am 21. September startet die neue Meisterschaft für Andres Ambühl und den HCD mit einem Auswärtsspiel in Lugano. Und wie sagt man so schön? Champions werden im Sommer gemacht. Dafür schwitzen Wintersportler im Kraftraum.
Wenn sich der Kreislauf verabschiedet
An diesem Morgen geht’s vorerst noch gemächlich los. Aufwärmen auf dem Hometrainer. Dann kommen diverse Übungen für den Rumpf. Und schliesslich trainieren wir den Oberkörper. Wenn ich den Umfang von Andres' Oberschenkeln mit meinen «Zündhölzli» vergleiche, bin ich froh, sind die Beine heute nicht auf dem Trainingsplan. Wobei: Zum Ende der Workout-Session nach rund 1.5 Stunden steht noch eine Übung für die Abduktoren an. Fast ein Workout für die Beine. Wir stehen dabei an einer Maschine und drücken ein Gewicht seitlich nach oben. Die Abduktoren brauchen wir, um zum Beispiel unsere Beine vom Körper zu spreizen. Der wichtigste Abduktor ist der mittlere Gesässmuskel. Darum ist es im eigentlichen Sinn kein Workout für die Beine, sondern wortwörtlich «für'n Arsch». Und weh tut’s auch noch:
4 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause –> 5 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause –> 6 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause7 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause –> 8 Wiederholungen –> 10 Sek. Pause –> 7 Wiederholungen –> 10 Sek. Pause6 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause –> 5 Wiederholungen –> 5 Sek. Pause –> 4 Wiederholungen –> SchlussGewicht: 100 kgZuerst das Ganze mit dem linken, dann mit dem rechten BeinJetzt packt mich der Ehrgeiz und ich ziehe das, so wie Andres, durch. Mit dem Resultat, dass ich beinahe das Gipfeli mache. Mein Kreislauf sackt kurz mal weg. Ok, ich bin KEIN Hockeyprofi und habe NICHT Abduktoren Ambühlscher Dimension. Hab’s verstanden. Gut, ist für mich jetzt Schluss. Für Andres geht’s später dann mit Eistraining weiter. So läuft das tagein tagaus, Woche für Woche, Monat für Monat. Aber eben: Champions werden im Sommer gemacht.
Bevor der rechte Flügel die Schlittschuhe schnürt, macht Andres Ambühl noch rasch bei mir zum Interview Halt. Wir reden unter anderem über die Faszination Hockey und darüber, was am Ende der Karriere in Erinnerung bleibt.
Meine Ausrüstung
Und das nächste Mal bei «Patrick macht Sport mit ...»
Die britische Leichtathletin Julia Bleasdale wird an den Olympischen Spielen 2012 in London über 5000 und 10’000 Meter jeweils Achte und holt sich zwei olympische Diplome. Heute lebt und läuft sie im Engadin. Gemeinsam gehen wir auf einen Trailrun. Ich ziehe weiter nach Pontresina. Komm mit und folge mir auf meinem Autorentrail.
Bisher erschienen


Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.