
Hintergrund
Mit dem Fixie nach Marokko #7: Land in Sicht!
von Jonathan Perraudin und Christoph Zuidema
Nach der letzten Uni-Prüfung zieht es Jonathan und Christoph raus in die Welt. Nicht all-inclusive auf die Kanaren, sondern so ziemlich ohne alles nach Marokko – nur mit Fixies und leichtem Gepäck. Hier berichten sie von ihren Erlebnissen. Diesmal: Mieses Wetter, schräge Bekanntschaften und ein Happy End.
Manchmal kann die Etappe noch so ausführlich vorbereitet sein, gewisse höhere Gewalten lassen sich nicht kontrollieren. Zum Beispiel, dass die Wetterberichte in spanischen Tagesblättern partout nur auf Spanisch gehalten und wir bei bestem Willen dieser Sprache nicht mächtig sind. So kommt es, dass wir eines Tages südlich von Valencia in Erwartung normalen spanischen Wetters (30°C, Sonnenschein – wie immer) losfahren. Stattdessen ziehen dunkle Wolken auf und langsam beginnt es so richtig zu schütten. Nun, als richtige Abenteurer lassen wir uns nicht beirren, packen die Regenjacke aus, fahren im strömenden Regen weiter und freuen uns, als Nebeneffekt endlich wieder saubere Kleidung zu haben.
Doch als aus Regen langsam ein ordentliches Gewitter wird, ein Blitz zwanzig Meter von uns entfernt in einen Mast neben der Strasse einschlägt und wir leider das Fixie-Blitzableiter-Package nicht montiert haben, kehren wir mit erhöhtem Adrenalinspiegel in das nächste Café in einem kleinen Dorf ein.
Nichts ahnend beobachten wir, wie sich in Schlangenlinien ein Mietauto nähert. Mit Mühe und Not parkiert der Fahrer vor dem Café. Drei Gestalten Mitte dreissig, die jeden 3-Tage-ohne-Schlaf-Wettbewerb souverän gewonnen hätten, steigen aus. Sie setzen sich neben uns. Nachdem sie jeweils einen halben Liter Bier (halt, da muss ja einer der Fahrer sein?!) in Rekordzeit leer getrunken haben, kommt einer der Gruppe zu uns und fragt uns etwas auf Spanisch. Wir verstehen nichts, aber bemerken seinen englischen Akzent und antworten mit schweizerdeutschem Akzent: «Sorry, what do you mean?»
Und er meint: «Guys, where can we get cocaine?»
Wir wollen ihm erst unser Isostar-Pulver andrehen und träumen vom grossen Reichtum, finden aber, seine Zähne sehen so aus, als könnten sie kein Gramm Zucker mehr vertragen. Sonst lösen sie sich endgültig auf. Also antworten wir: «No idea, we're not from here.» Als er dann noch nach Freudenmädchen fragt, denken wir an die Strasse, die wir ganz zu Beginn in Spanien entdeckt haben, sagen aber nichts. Die Herren haben genug mit sich selbst zu tun.
Als der Regen nachlässt und das Donnergrollen nur noch von weit entfernt zu hören ist, machen wir uns nach eineinhalbstündigem Unterbruch wieder auf den Weg. Wie wild in die Pedalen tretend realisieren wir, dass wir es trotz unserer unglaublichen Muskelkraft heute nicht mehr nach Alicante schaffen werden. In der unendlichen Einöde, in der wir uns gerade befinden, taucht als einzige Übernachtungsmöglichkeit ein Wellness-Tempel auf. Wir träumen wieder davon, unser Isostar-Pulver zu Geld zu machen, buchen aber nur eine Besenkammer für zwei und kriegen immerhin noch einen Wellness-Eintritt dazu. Wie schön das Leben doch sein kann.
Was sonst noch geschah: